Gitarrenklänge der anderen Art…

Gitarrenklänge der anderen Art…

18. Februar 2020 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

3. Konzert des Konzertzyklus Uzwil 2020

Diesmal waren vier junge Leute am Werk, solche mit einer brennenden Leidenschaft für die Gitarre, und zwar in ganz verschiedenen Musikrichtungen. Schon das Detailprogramm verhiess Überraschendes. Was soll man sich unter einem Stück namens NACKTAFFEN MIT HOLZKISTEN UND PLASTIKSCHNÜREN vorstellen? Oder PINK FUR? Auch SPECK STEIN liess rätseln. Gespannt wartete man deshalb auf den Auftritt der beiden Duos LUCERNE GUITAR DUO und GUITAR SPOTS.

Konzertzyklus-Präsident Hanspeter Haltner stellte die Neuerungen auf der Homepage des Vereins vor.

Leidenschaft auf der Gitarre

So wurde dieses Konzert von den Veranstaltern betitelt. Und tatsächlich sind alle vier Auftretenden von diesem Instrument begeistert. Während sich Roger Schütz und Hannah Biermann auf ihren Reisen durch Südamerika von der dortigen Musik hatten anstecken lassen und danach das LUCERNE GUITAR DUO gründeten, fanden sich Tobias Kölla und Markus Ebner während ihres Studiums in Linz zum Duo GUITAR SPOTS zusammen. Hier blitzte neben aller Virtuosität immer wieder auch etwas Spitzbübisches auf.

Bach als Inspiration bis heute unerreicht

Das LUCERNE GUITAR DUO mit Hanna Biermann und Roger Schütz stieg mit der Französischen Suite Nr. 6 BWV 817 ein. Sieben ganz unterschiedliche Stimmungen werden in dieser Suite eingefangen. Hiess es COURANTE, bewegten sich die Finger der Spielenden verblüffend flink, bei der GAVOTTE waren ständige Griffwechsel nötig… Roger Schütz verriet, dass er das Werk, ursprünglich für Cembalo komponiert, auf die technischen Möglichkeiten einer Gitarre umgeschrieben habe. Man kam beim Zuhören – und Zuschauen – recht ins Staunen. Alles wurde auswendig vorgetragen, das Zusammenspiel nur über Augenkontakt zusammengehalten, die Finger flitzten nur so über die Saiten, und das alles in grösster Ernsthaftigkeit und Spielfreude.

Gegenprogramm

Als Kontrast wurden dem Publikum, welches im schönen Saal des katholischen Pfarreiheims Niederuzwil zusammengekommen war, fünf kleine Stücke namens BUKOLIKI Bukoliki des polnischen Komponisten Witold Lutoslawski (1913 – 1994) geschenkt. Nun musste das Instrument allerlei erdulden, bekam es doch immer mal wieder Schläge auf die Instrumentendecke, wurden die Saiten hart angeschlagen und nach teilweise eher abgehackten Sequenzen urplötzlich wieder benutzt. Spannend auch, wie die Schlüsse der einzelnen Teile abgeschlossen wurden, nämlich mit einer raumgreifenden Armbewegung weg von den Saiten. Mal tönte es äusserst melancholisch, dann wieder tänzerisch und eher sanft, dafür mit einem wilden Ende – also ganz viel Abwechslung in Art der Darbietung und in melodieführender Hinsicht.

Hier kann das Duo mit seinem Lieblingsstück angesehen und nachgehört werden. Ciclos nordestino Nr. 1

Guitar Spots

Selbstbewusst verkündete Tobias Kölla, Teil des Duos, dass sie nun noch einen stärkeren Gegensatz zu Bachs wohlgesetzten Klängen anbieten würden. SPECK STEIN hiess die von Kölla geschaffene Komposition. Wer gut zuhörte, konnte da tatsächlich etwas von der Bearbeitung dieses ganz besonderen Materials erahnen. Ohne sichtbare Verständigungszeichen legten Kölla und Markus Ebner, sein österreichischer Musikerkollege, los – und wie. Es war ein Vergnügen, den gelenkigen Fingern zuzuschauen, wie sie ständig die Griffe wechselten und sich über die ganze Steglänge rauf und runter bewegten. Gitarre spielen heisst also nicht nur brav zupfen oder über die Saiten streichen, sondern kann auch schlagen, stark zupfen, streicheln oder einfach nur anklingen lassen bedeuten. GUITAR SPOTS

Oder etwa GUITAR SPORTS?

Man könnte das Duo gut auch DUO GUITAR SPORTS benennen, denn zeitweise kam es zu einem fast sportlichen Wettkampf der beiden Könner. Besonders beim Stück MOVE TOGETHER mit seinen Tonkaskaden und dem vorwärtsdrängenden Rhythmus fiel dies auf. Zwei Melodien, die sich teilweise weit voneinander entfernten, um sich doch manchmal wieder zu treffen, manchmal eher düster, aber dennoch irgendwie voller Hoffnung. Während Tobias Kölla gerne komponiert, ist Markus Ebner ein ausgesprochener Arrangeur. Und beide verstehen ihr Handwerk.

Schmunzelnd entgegengenommener kompositorischer Einfall

Mundian to Bach ke – was fast etwas Japanisch tönt – begann sehr rhythmisch, mit Schlagen auf den Holzkörper, was an das Rhythmusinstrument Cachon erinnerte. Es hätte dazu gut auch einfach gestampft werden können. Plötzlich ging ein Raunen, dann ein Lachen durch die Reihen des Publikums. Hatte man da nicht eben Teile des Zillertaler Hochzeitsmarsches gehört? Laut und deutlich? Davon ist allerdings im Original nichts zu hören, also quasi ein westeuropäisches Einsprengsel  in eine orientalische Weise. Mundian to bach ke

Mit einem belustigenden „Tamtara tara tamtam!“ schloss das Stück, heftig beklatscht von der Zuhörerschaft. Und auch wenn schliesslich LIKE A TATTOO auf dem Programmblatt stand – auf der Haut der beiden Gitarrenvirtuosen konnte man nicht ein einziges entdecken! Die zum Sechseläuten einsetzenden Kirchenglocken der nahen Christkönigkirche Niederuzwil verschmolzen am Ende mit dem Ausklingen des Stücks.

Circle Song V

Als Höhepunkt versammelten sich alle vier Persönlichkeiten auf der kleinen Bühne und spielten – diesmal unterstützt von Noten – einen speziellen „Song“ von Bobby McFerrin, einem 1950 geborenen amerikanischen Vokalkünstler, welcher mit seiner ganz speziellen Gesangstechnik einen verblüffenden Stimmenumfang erreichen konnte und dabei oft auch Instrumente imitierte. Wer kennt nicht seinen Welthit DON’T WORRY BE HAPPY? Hier kann ein Beispiel seiner Gesangskunst nachgehört werden. Bobby MCFerrin

Zu Viert mit viel Freiraum für die einzelnen Melodieführungen.

Und weil das Publikum gerne noch eine Zugabe hören wollte, spielten die Vier PORTO des elektronische Musik komponierenden Franzosen Worakls  – bürgerlicher Name Kevin Rodrigues -, eine Abfolge von wiederkehrenden Tonsprüngen, welche nach Aussage von Tobias Kölla Zeitfenster für Improvisationen offenliessen. Dazu gehörte auch Fingerschnippen. Zeitgleich mit dem Konzertende verstummten auch die Kirchenglocken.

Porto von Worakls Dieses Stück hatte Kölla als Masterarbeit für Gitarre bearbeitet.

Wer sich genauer mit den vier Persönlichkeiten befassen möchte, findet in den beiden nachfolgenden Interviews interessante Zusatzinformationen.

Konzertzyklus in eigener Sache: Auf der Homepage des Konzertzyklus – Konzertzyklus Uzwil  können die Konzertangebote und neu, wie bereits erwähnt, auch Interviews mit den auftretenden Musikern und Musikerinnen nachgelesen werden. Wer seine E-Mail-Adresse an versand@konzertzyklus-uzwil.ch schickt, bekommt einige Tage im Voraus nähere Angaben zum bevorstehenden Konzert und kann sich bereits anhand des Detailprogramms auf den Musikgenuss freuen. Das hilft dem Vorstand auch, den Aufwand für die Organisation in Grenzen zu halten. Die Berichte können ebenfalls auf www.kulturnotizen.ch nachgelesen werden.

Ganz entspannt hinten im Raum des Pfarreiheims: Immin Chung Poser, selber virtuose Pianistin, sowie Hanspeter Haltner, Präsident des Konzertzyklus Uzwil.

Letztes Konzert der Saison 2019/2020 am Sonntag, 22. März um 17:00 Uhr im Oberstufensingsaal der Oberstufe im Schützengarten Oberuzwil

Preisträgerkonzert mit JUNGEN TALENTEN

Cello, Flöte, Trompete, Klavier und Klarinette werden an diesem Konzert zu hören sein, vorgetragen von acht jungen Frauen und einem mutigen jungen Mann.