Energie-Fragen – aus der Praxis beleuchtet

Energie-Fragen – aus der Praxis beleuchtet

14. September 2023 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

Stand der erste diesjährige ökumenische Bildungsabend noch ganz im Zeichen der grossen Zusammenhänge aus wissenschaftlicher Sicht, so war der zweite Abend eher von den praktischen Fragen rund um das Thema geprägt, dies unter dem Titel: «Neue Energie für ein gutes Klima». Drei auf diesem Gebiet ausgewiesene Persönlichkeiten stellten ihre Erfahrungen in diesem Bereich vor, alle ohne Mikrofon und dennoch sehr gut verstehbar, und alle mit grosser persönlicher Fachkompetenz und Begeisterung.

Diesmal begrüsste Pfarreileiter Paul Hoch das Publikum, während Pfarrer René Schärer am Schluss die Freude blieb, für die drei interessanten Referate herzlich zu danken.

Silvia Gemperle, Energieberaterin und Coach

Silvia Gemperle hat ursprünglich eine Ausbildung zur Tiefbautechnikerin durchlaufen. Wenn man sich auf ihrer Webseite umschaut, erfährt man, dass sie seither einen weiten Weg hin zu einer bewusst lebenden, Ressourcen schonenden und nachhaltig orientierten Persönlichkeit gegangen ist. Ihr Kurzreferat – energiegeladen und spannend erzählt – begann sie mit dem Bild eines Apfelbaums mit herrlich reifen Früchten.

Sie zitierte eine Statistik, die aufzeigte, dass früher auf eine Person fünf Apfelbäume gekommen seien. Unterdessen teilten sich drei Personen einen Apfelbaum. Die Natur wurde in den letzten Jahrzehnten zurückgedrängt. Natur und Leistungen (lukrez.ch)

Sie machte sich stark für eine kreislauffähige Wirtschaft. Auch beim Bauen sei es heute möglich, Materialien so auszuwählen, dass diese bei einem allfälligen Rückbau oder gar Abbruch des Hauses auf andere Weise wiederverwertet werden könnten. Sie zeigte das Bild eines so gebauten Hauses in Wädenswil, welches kein Untergeschoss hat, einzig im Boden verankert und deshalb nur provisorisch bewilligt ist. Der Grund dafür: Ein Untergeschoss zu bauen verbraucht sehr viel Energie und Ressourcen. Hier kann mehr über dieses Projekt nachgelesen werden. KREIS-Haus – Kreisläufe erleben Das Haus kann auch besichtigt werden.

Beim Wohnen kann bei Mobilität, Energieverbrauch und Ernährung viel für den Umweltschutz getan werden. Erneuerbare Energien – Solarstrom, Windkraft, Wasserkraft – sind wichtige Faktoren, um den CO2-Ausstoss zu verringern.

Auch das gespannt zuhörende Publikum wurde in die Erläuterungen einbezogen. «Wer hat zuhause eine Kaffeemaschine?» fragte die Referentin. Da gingen die meisten Hände hoch. Die einzelne Maschine verbraucht nicht sehr viel Strom, aber 3 Millionen Kaffeemaschinen fressen eben doch so viel Strom wie die ganze Stadt St.Gallen braucht. Ganz wichtig ist es, bei Neuanschaffungen die energie-effizientesten Geräte auszulesen. Auf Topten können gezielt Preis-Leistungsvergleiche angestellt werden. Auf der Webseite Energybox 2.0 besteht zudem die Möglichkeit, das Sparpotenzial zu berechnen, welches man erreicht, wenn man die Geräte bei Nichtbenutzung systematisch abstellt, also nicht im Standby belässt.

Ernährung

Wenn man die Zahlen von «Food-Waste», wie die Verschwendung von Nahrungsmitteln mittlerweile genannt wird, genauer anschaut, könnte einem grad schlecht werden. Saisonal einkaufen, dazu regional und in passenden Mengen, das verhindert verdorbene Lebensmittel. Zudem weiss man unterdessen, dass hoher Fleischkonsum und viele Milchprodukte einen grossen Fussabdruck hinterlassen. Eine ausgewogene Ernährung mit einem grossen Anteil an pflanzenbasiertem Essen ist da bereits ein sinnvoller Ansatz. SOLAWI, eine Kooperation von Landwirten mit ihrer Abnehmerschaft versucht, das auf dem Hof Gewachsene regional zu verkaufen. In der Rütiwies Algetshausen betreibt die Familie Kesseli einen solchen Hof. Weitere Informationen bietet die folgende Webseite Home – Solawi

Mobilität

Eine Kombination von Fussverkehr, Velo und ÖV ist vielerorts möglich. Wie viel Platz soll Autos – die auch immer grösser zu werden scheinen – gewährt werden? Bei immer heisser werdenden Sommern ist es wichtig, dass gerade in Städten viele schattenspendende Bäume wachsen können. Doch diese brauchen Platz und einen unversiegelten Untergrund. In diesem Zusammenhang stellte die Referentin auch fest, dass oft verschiedene Interessen einander zuwiderlaufen würden. So verbraucht der Betrieb eines Fussballplatzes zwar viele Ressourcen, zudem werden gerade Kinder und Jugendliche oft auf den Platz gefahren, aber die Integrationsleistung, die viele dieser Vereine erbringen, hat eben auch einen grossen Wert für die Gesellschaft. Man kann zudem auch sein Geld in Projekte mit nachhaltiger Ausrichtung investieren und damit einen Beitrag zu einer Verlangsamung der Umweltverschmutzung beitragen.

Sein Herz schlägt für die erneuerbaren Energien

Josef Jäger, VR-Präsident und Inhaber des bedeutenden Transportunternehmens CAMION TRANSPORT AG teilte seine Erfahrungen mit hybriden und rein elektrisch betriebenen Fahrzeugen mit dem Publikum. Da war ganz viel Herzblut zu spüren. 610 Fahrzeuge umfasst der ganze Fuhrpark der Firma. Jede Nacht werden in Schwarzenbach 130 Bahnwagen beladen und in die verschiedenen Landesteile geschickt. Vor Ort wird dann die Feinverteilung gemacht. Es braucht ein ausgeklügeltes System, um für jede Art des Transports den ökologischsten Weg zu finden. Heute hilft da auch KI – Künstliche Intelligenz. Mit seinen aussagekräftigen Folien zeigte er auf, wo die Herausforderungen liegen.

So ist die Anschaffung eines Wasserstoff-Lastwagens ca. 1,8 x teurer als ein Verbrenner. Bei rein elektrischen Fahrzeugen beträgt der Faktor gar 2,5 – 3 x. Zudem ist die Sortenvielfalt in diesem Segment noch viel kleiner. Doch die Chauffeure lieben die sanfte Fahrweise der Elektrofahrzeuge. Es sind unterdessen insgesamt 20 solche Fahrzeuge im Betrieb. Auch wenn sich der wirtschaftliche Nutzen noch sehr in Grenzen hält, sieht Josef Jäger doch eine grosse Zukunft für die Elektromobilität. Seiner Meinung nach werden aber die Verbrennungsmotoren noch lange nicht ganz aus dem Verkehr verschwinden.

Die Firma wurde für ihre Projekt Eco Balance by CAMION TRANSPORT Ökonomie und Ökologie im Gleichgewicht prämiert. Ihr Vorsatz: «Wir erbringen mit möglichst kleiner ökologischer Belastung eine hohe ökonomische Leistung. Wir streben eine umwelt- und vor allem ressourcenschonende Arbeitsweise an.»

Bei den firmeneigenen Gebäuden wird auf eine klimaneutrale Energieversorgung Wert gelegt. Das ist gerade bei den aktuell stark steigenden Strompreisen ein klarer Mehrwert für die Firma. Jäger betonte ausserdem mehrmals, wie wichtig die Mitarbeitenden seien. Nicht umsonst wurde die Firma 2022 mit einer Auszeichnung als bester Arbeitgeber geehrt. Da die Camion-AG keine Produktion habe, liege alles an einem hervorragenden Service. Jäger strich auch heraus, dass seine Firma der Gesundheit der Mitarbeitenden grösste Aufmerksamkeit schenke. Firmengruppe | CAMION TRANSPORT

Zwischendrin entspannte sich eine angeregte Diskussion mit Voten aus dem Publikum. Damit es mit der Dekarbonisierung wirklich klappe, müsste das Doppelte an Grünem Strom produziert werden, fand ein Unternehmer aus dem Dorf. Und Jäger betonte, dass Kunden lieber 2x am Tag Lieferungen hätten als nur 3x pro Woche, auch dies ein grosses Spannungsfeld mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen. Beim Nachhausegehen konnte noch das futuristische Fortbewegungsmittel von Josef Jäger bewundert werden – siehe Titelbild ganz oben.

Arthur Eberle GEM

Im dritten Referat stellte Arthur Eberle die Solargenossenschaft «Genossenschaft Energie Mörschwil» vor. Diese wurde im November 2022 von 9 Männern aus ganz verschiedenen Berufszweigen gegründet. Ihre Motivation: Auch Personen ohne eigenes Hausdach sollten von Solarstrom profitieren und damit umgekehrt etwas zur Energieversorgung der Zukunft beitragen können. Das Genossenschaftskapital hat bereits Fr. 200’000 überschritten.

Arthur Eberle GEM

Im dritten Referat stellte Arthur Eberle die Solargenossenschaft «Genossenschaft Energie Mörschwil» vor. Diese wurde im November 2022 von 9 Männern aus ganz verschiedenen Berufszweigen gegründet. Ihre Motivation: Auch Personen ohne eigenes Hausdach sollten von Solarstrom profitieren und damit umgekehrt etwas zur Energieversorgung der Zukunft beitragen können. Das Genossenschaftskapital hat bereits Fr. 200’000 überschritten.

Für ihr Pilotprojekt einer Solaranlage suchten sie nach einem gesunden, eternitfreien und möglichst grossen Dach, welches sie für ihr Vorhaben mieten wollten. Bei der Firma AMAGOSA AG  wurden sie fündig. Auf 900 m2 mit Ost-West-Ausrichtung konnte eine Anlage mit 486 Modulen gebaut werden. In zweieinhalb Wochen wurde alles montiert. Dies teilweise bei mehr als 30° C Hitze. Die Anlage soll Energie für 40 Haushalte bringen. Auf den Folien können die wichtigsten Kennzahlen nachgelesen werden. Die Firma Amagosa bekommt dafür Fr. 1’000 Miete pro Jahr. Die Anlage ist auf 25 Jahre ausgelegt. Im Jahr werden Unterhaltskosten von Fr. 3’000 budgetiert. Ein Anteilschein kostet Fr. 1’000. Genossenschaft Energie Mörschwil startet mit erster Solaranlage  

Unterdessen ist eine zweite Anlage in Vorbereitung. Ganz interessant sind laut Eberle Flachdächer, da auf solchen die Montage äusserst einfach zu bewerkstelligen ist. Grosse Dächer gibt es zudem überall. Warum nicht die gratis scheinende Sonneneinstrahlung nutzen? Eberle zeigte an die Decke und merkte an, dass da oben doch auch ein grosses Dach sei. Warum nicht auch hier eine Solargenossenschaft gründen? Er wurde jedoch umgehend darüber informiert, dass es so eine Vereinigung in Oberuzwil im Dorfteil Bichwil sehr wohl bereits gebe, die Solargenossenschaft Bichwil

Beim anschliessenden Apéro wurde eifrig über das Gehörte diskutiert.

An der ökumenischen Bettags-Feier in der MZA Breite wird die Bildungsreihe unter dem Titel «Ein gutes Klima für unsere Zukunft» abgeschlossen. Die Feier beginnt um 10:00,danach lädt die Gemeinde zum Apéro ein.

Und hier ein Rückblick auf den 1. Ökumenischen Bildungsabend vom 05.09.2023 Ein Vielfrontenkampf: Klimawandel heute