Wechselausstellung Badefreuden und Augenweiden

25. Oktober 2025 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

1905 wurde in Oberuzwil eifrig diskutiert. Im Ghürst sollte ein Freibad für die Bevölkerung gebaut werden. Das Team des hiesigen Ortsmuseums  hat aus den Akten über diese Vorgänge eine vergnügliche Reise durch mehr als 100 Jahre Gesellschaftsgeschichte kreiert. An den Wänden hängen Plakate mit Bildern aus den Gründerzeiten, links und rechts hat das Team interessante Blitzlichter aus Berichten der Badekommission zusammengestellt. Bei allen schriftlichen Aussagen steht auch die Jahreszahl der Mitteilung dabei. So kann man sich auf eine Art Zeitreise durch diese für uns Heutige oft seltsam anmutenden Überlegungen machen. Dass nun ausgerechnet jetzt eine erneute Diskussion um die Badi Ghürst entbrannt sei, habe allerdings mit dieser Ausstellung keinen Zusammenhang. Die jetzige Wechselausstellung sei schon länger geplant gewesen.

Angst um die Moral der Gesellschaft

Zu Beginn war man sehr besorgt um die moralische Integrität vor allem der Jugend. Darum wurde auf strikte Trennung der Badezeiten geachtet. Niemals sollten die Buben zusammen mit den Mädchen im gleichen Bassin Badefreuden geniessen. Noch 1937 war gemeinsames Baden unerwünscht, ja undenkbar. Aus dem katholischen Pfarramt traf zu diesem Vorhaben ein offenbar zünftig geharnischtes Schreiben bei den Verantwortlichen ein. Den einzelnen Geschlechtern wurden bestimmte Zeiten zugeteilt. Doch auf einem der Archivauszüge wurde bemängelt, dass die Frauen doch am Sonntag zu der ihnen zugeteilten Zeit von 11:00 bis 11:30 unmöglich baden könnten, da sie dann kochen müssten. Oder jemand bedauerte, dass den Buben «wertvolle Badezeit» weggenommen werde, und das in den Ferien! Die Mädchen wurden weit weniger in die Überlegungen einbezogen. Damit sind sie auch weit weniger in Bildern vorhanden.

Aufweichung des Verbots

Später wurde dieses Verbot allerdings etwas aufgeweicht, man baute aber bei den Umkleidekabinen eine hohe Trennwand auf, die abenteuerlustige Buben aber dennoch überwinden konnten, um einen – streng verbotenen – Blick in die Umkleidekabinen der Mädchen zu werfen. Die Verantwortlichen der «Badanstalt», wie man solche Bäder früher gern nannte, erwogen 1934 deshalb, oberhalb dieser Trennwand Stacheldraht anzubringen, damit es keine solchen «Ungeheuerlichkeiten» mehr geben könne. Heute dagegen ist Stacheldraht sogar auf Tierweiden absolut verpönt. So ändern sich die Zeiten!

Zeigen, was man kann

Wenn sich auch vieles seit den Anfängen der Badi geändert hat, ist doch auch manches gleichgeblieben. So zeigen noch heute junge Burschen gerne ihre sportlichen Künste und ihre gestählten Körper, stehen einfach so lange auf dem Sprungbrett – natürlich auf dem höchsten! -, bis sie die Aufmerksamkeit ihres Publikums haben. Dieses besteht bis heute zum grössten Teil aus Mädchen der gleichen Altersklasse.

Gestrickte Badehosen

1941 kann man nachlesen, dass der Betrieb auch Badkleider offensichtlich zur Vermietung an die Kundschaft kaufte, so beispielsweise «10 Paar wollene Badehosen für die weibliche Kundschaft» und «4 Badehosen für Männer und Buben». In der Ausstellung können auch modische Badekleider der damaligen Zeit bewundert werden.

Manche Ungeheuerlichkeit

Da kann man von einem Herrn F. lesen, der sein Pferd im Badibereich weiden liess, später sogar seine Kühe. Da musste natürlich eingeschritten werden, und zwar «in scharf ablehnendem Sinne»! . Und Nachbarinnen hängten Wäsche auf dem Gelände auf. Man erwog, ihnen den Schlüssel zur Badi zu entziehen, was aber offenbar nicht gelang. Und man stelle sich vor: Die Buben wollten Fussball spielen, da flog halt mancher Ball in die benachbarten Wiesen, was die dortigen Bauern verständlicherweise verärgerte. Anstatt ein gutes Miteinander zu vereinbaren, beschloss man im Jahr 1931, das Fussballspielen unverzüglich zu verbieten.

Finanzen

1909 bewilligte der Regierungsrat der Gemeinde Oberuzwil eine Anleihe von 1’000.00 Franken für Verbesserungen an der Badi. 1929 wurde dem Zukauf von 1800 m2 Boden zugestimmt.

1934 wollten auch die Bichwiler Schulen vermehrt die Badi benutzen, doch da hiess es: « Die haben ja noch nicht einmal für 1933 bezahlt!» 1936 wurde die Anlage erweitert und eine WC-Anlage geplant, Kosten inklusive Materialzimmer: Fr. 800.00.

1962 – 1964 wurde die Anlage vergrössert und auch ein richtiger Kiosk eingebaut. 1961 waren an einem Tag 600 Eintritte zu verzeichnen, ein absoluter Tagesrekord!

Auch später wurde immer wieder erneuert, neue Attraktionen kamen dazu. Doch unterdessen gibt es erneut grossen Sanierungsbedarf wegen veralteter Technik und mangelndem Überlaufbecken.

Strikte Vorgaben

Wenn man die Bedingungen für die Bauvergabe durchliest, fällt auf, wie genau jeder Punkt beschrieben wurde. Damals war es klar, dass in erster Linie Unternehmer und ortsansässige Handwerker berücksichtigt werden mussten. Auch waren die Bauunternehmer gehalten, nur Leute mit guten Fachkenntnissen «und sich eines guten Benehmens befleissigende» Personen einzustellen. Der Unternehmer hatte die Verpflichtung, ständig auf der Baustelle zu sein und für «Ordnung und Reinlichkeit» zu sorgen. Die Bauverwaltung hatte in jedem Fall die Oberaufsicht, der Unternehmer haftete für alle allfälligen Schäden. Für Erdarbeiten und Betonierung gab es extra Bedingungen.

Unsauberes Wasser

Immer wieder wurde die Wasserqualität bemängelt. Im zuführenden Lauftenbach schwammen allerlei unhygienische Rückstände aus der Käserei und den Metzgereien sowie aus dem Schulhaus. Aller Unrat floss einfach in den Bach. 1933 übernahm die Firma Gebrüder Bühler in Uzwil die Reinigung des zuführenden Kanals und entlastete damit die angespannten Finanzen der Gemeinde. Frösche und gar eine Ringelnatter hatten sich schon im Badebecken getummelt. Dort wurde im Winter auch Langholz eingelagert. 1967 wurden die Kosten für eine hygienische Aufbereitung des Wassers auf eine halbe Million Franken voranschlagt. 1970 wurden schliesslich chemische Zusätze ins Auge gefasst, um eine bessere Wasserqualität zu erreichen.

Kiosk

Es war offenbar ein «gnädiges» Entgegenkommen der gemeinderätlichen Kommission, dass die Bademeisterin Bürli verkaufen durfte. Als sie dann Glacé zu verkaufen begann – das hiess damals noch «Eiscrème» -, schritt die Badi-Aufsicht ein. Aus «erzieherischen und gesundheitlichen Gründen» wurde der Verkauf verboten. 1964 beantragte die Badmeisterin mehr Lohn, was aber auf taube Ohren stiess. Sie könne mit dem Kioskverkauf doch genügend verdienen…

1970 kann man lesen, dass die Badmeisterin gekündigt habe «wegen nervlicher Überlastung», dabei habe sie doch pro Saison 1’800.00 Franken verdient und bestimmt noch ungefähr 2’000 Franken Umsatz gemacht, dies wohlgemerkt für die ganze Saison!

Im zweiten Zimmer im oberen Stock des Ortsmuseums ist diesen Winter zudem eine feine, ruhige Bilderausstellung des hiesigen Künstlers Manfred Bollen zu sehen. Es lohnt sich hier, sich auf einen der Stühle zu setzen und die Bilder auf sich wirken zu lassen. Mit dem vielen Blau auf den Bildern passt diese Schau wunderbar zum Badi-Thema.

Es werden auch Gruppenführungen angeboten, dafür kann man mit jemandem aus dem Team Kontakt aufnehmen.

Zusammensetzung des Museums-Vorstands seit 2024
von links: Hans Peter Hug, Ueli Gubler, Roland Schluchter, Ursula Bachofner