Toggenburger Hausmusik-Instrumente im Ortsmuseum Oberuzwil

Toggenburger Hausmusik-Instrumente im Ortsmuseum Oberuzwil

10. Februar 2023 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

In der laufenden Saison 2022/2023 zeigt das Ortsmuseum Oberuzwil in einer Wechselausstellung historische Musikinstrumente, vornehmlich aus dem evangelisch geprägten Obertoggenburg. Die Hausorgeln erlebten dort im 18. Jahrhundert einen eigentlichen Aufschwung. Wer das Geld hatte und etwas auf sich hielt, liess sich von einem der verschiedenen berühmten Toggenburger Orgelbauer eine Hausorgel bauen. Die Toggenburger Haus­orgel – Ackerhus

Im oberen Toggenburg war die Tradition der Hausmusik in vielen Haushalten verbreitet. Wunderschön bemalte Hausorgeln bereicherten die damals verbreiteten Hausandachten. Aber auch das Singen von Volksliedern war eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Diese Orgeln waren meistens in der Firstkammer aufgestellt. Auch das Hackbrett war – und ist noch immer – rund um den Säntis in der Volksmusik weitverbreitet. Der heute in Wildhaus lebende Komponist Peter Roth setzt das Hackbrett oft in seinen geistlichen Werken ein, sehr zur Freude der Chöre, die mit diesen Aufführungen ein stetig wachsendes Publikum begeistern. Peter Roth | Musiker, Komponist und Referent

Die Halszither ist ebenfalls eine Spezialität der Toggenburger Hausmusik, wurde aber auch in vielen anderen Teilen Europas gerne gespielt. Das Instrument sieht äusserlich wie eine Gitarre aus. Die Halszither im Toggenburg – Ackerhus

1 Halszither

2 Klarinette, an gefertigt von Ulrich Amman (1716-1842). Ulrich Ammann wurde vor allem berühmt durch seine „Stockflöten“ und -Klarinetten (verwendbar als Bergstock), welche in der napoleonischen Zeit durch französische Offiziere in der ganzen Welt bekannt wurden.

Albert Edelmann ( 18.07.1886 – 24.09.1963)war Lehrer im Obertoggenburger Dorf Dicken. Er war musisch sehr begabt und begann schon bald, Musikinstrumente zu sammeln. In seinem Alterssitz «Ackerhus» in Ebnat-Kappel stellte er seine Schätze aus und machte sie der Öffentlichkeit zugänglich. Das Haus ist eine wahre Fundgrube über die ländliche Tradition der Hausmusik im Toggenburg. Alle im Ortsmuseum ausgestellten Exponate wurden vom Ackerhus zur Verfügung gestellt. Ackerhus – Museum – Hauskultur – Toggenburg

Es gibt seit 2009 einen ganz speziellen Verein namens «Windbläss», der dieses kostbare Volksgut weiter am Leben halten will. Ein Blick auf dessen Webseite lohnt sich. WINDBLÄSS – Verein Toggenburger Hausorgel

Die Ausstellungsmacher in Oberuzwil haben das Hackbrett bewusst nicht in die Ausstellung einbezogen. Und Hausorgeln waren denn doch zu gross und auch zu kostbar, um sie ausleihen zu können. Musik – Ackerhus

Einheimisches Schaffen

Bleistiftzeichnungen von Alex Hollenstein aus Bichwil sind im zweiten Stock in einem separaten Zimmer zu bestaunen. Es sind Bilder von Häusern aus der näheren Umgebung, Wirtshäuser, die eingegangen sind oder andere markante Gebäude. Das ist besonders für Eingesessene interessant, da diese Häuser oft nur noch in der Erinnerung lebendig sind. Auf den Bildern fallen die vielen Details auf.

Arbeit hinter den Kulissen

Rund um ein Ortsmuseum gibt es viel Arbeit im Hintergrund. Die ausgestellten Gegenstände müssen regelmässig gewartet werden. Neu-Erwerbungen brauchen Zeit, um in die bestehende Ausstellung optimal eingepasst zu werden. Viel zu tun gibt auch das Recherchieren und Kreieren der Texte. All diese Arbeit wird ehrenamtlich gemacht, mit viel Zeit, Herzblut und Sachverstand. Am meisten Arbeit geben allerdings die Wechselausstellungen, die – der Name sagt es – immer wieder ändern. Sie geben aber dem Museum die Möglichkeit, die Bevölkerung immer wieder mit neuen geschichtlichen und kulturellen Zusammenhängen bekanntzumachen.

Ortsmuseums-Teammitglied Hans Peter Hug-Schefer vor einem Teil der Wechselausstellung im oberen Stock des Statthalterhauses ab der Wilerstrasse 22 in Oberuzwil

Team-Mitglied Hans Peter Hug-Schefer hat hier einige Fragen rund um das Ortsmuseum Oberuzwil beantwortet.

Wer hatte die Idee für diese Ausstellung?Ideen bringen alle Teammitglieder ein. Aus 3-4 Vorschlägen wird jeweils eine neue Wechselausstellung konzipiert. Dabei wird auch der Aufwand berücksichtigt, da die Ressourcen doch ziemlich begrenzt sind.
  
Woher kommen all die Instrumente für die jetzige Ausstellung?Das Ackerhus-Museum in Ebnat-Kappel hat alle Ausstellungs-Stücke ausgeliehen. Es sind rund 10 Exponate. Diese wurden versichert und gehen nach Ende der Wechselausstellung wieder ins Ackerhus zurück.
  
In welchen Archiven habt ihr Angaben dazu gefunden?In den Toggenburger Annalen und Jahrbüchern – ca. 30 Jahrgänge – finden sich viele Angaben zur Tradition der Toggenburger Hausinstrumente.
  
Wird auch mal etwas für Neuerwerbungen bezahlt?Die Gemeinde Oberuzwil bezahlt, wenn etwas gut begründet vorgeschlagen wird, was die Ausstellung bereichert. Im Augenblick steht die professionelle Archivierung an. Die Gemeinde stellt dafür einen Raum in einem Kindergarten zur Verfügung. In neuen Rollschränken kann wertvolles Material gut sortiert aufbewahrt werden. Auch die Versicherung für ausgeliehenes Ausstellungsmaterial, allfällige Spesen und kleine Geschenke werden aus dem Gemeindehaushalt bezahlt. Das Ortsmuseum ist das geschichtliche «Gedächtnis» der Gemeinde und daher für die Dorfbevölkerung wichtig.
  
Geht ihr auf Künstler für Wechselausstellungen zu?Roland Schluchter kennt aus der Zeit der CREATIVA-Ausstellungen – damals zusammen mit Manfred Bollen – im evangelischen Kirchgemeindehaus Oberuzwil verschiedene künstlerisch tätige Personen aus dem Gemeindegebiet. Es ist immer ein Abwägen, was in eine solche Wechselausstellung passt. Im Allgemeinen sind pro Saison zwei solche Ausstellungen geplant. Doch wenn nur schon ein Mitglied beispielsweise wegen Krankheit ausfällt, kann der Aufwand zu gross werden.
  
Melden sich auch Personen selbst für Ausstellungsobjekte an?Das ist laut Hug ein eher schwieriges Thema. Es kommt wenig vor – und man möchte möglichst niemanden vor den Kopf stossen, wenn man etwas ungeeignet findet.
  
Wie verteilt ihr die Arbeiten rund um die Ausstellungen?  Je nach Neigung und Fähigkeit werden die Arbeiten verteilt.
  
Wie werden neue Ausstellungen publik gemacht?In der Agenda im Gemeindeblatt, auf der Webseite der Donnerstags-Gesellschaft und auch in der Wiler Zeitung gibt es Angaben dazu.
  
Wie viele Stunden wendet jedes Mitglied ungefähr auf für die Museumsarbeit?Vieles geschieht hinter den Kulissen, bis eine Ausstellung steht. An den Öffnungsnachmittagen sind meistens alle aus dem Team vor Ort. Allein hier beträgt die Präsenzzeit pro Person rund 30 Stunden.
  
Habt ihr ein Stammpublikum?Ja, es gibt einen «harten Kern». Auch an Ehemaligentreffen von Heimweh-Oberuzwilern – Frauen und Männer – wird das Museum gerne besucht. Das betrifft zwischen 6 – 8 Führungen pro Jahr. Hie und da melden sich auch Lehrpersonen an den hiesigen Schulen mit ihrer Klasse für eine Führung an. Das dürfte laut Hug noch verstärkt der Fall sein.
  
Gehen euch die Ideen für Wechselausstellungen nie aus?Ideen gibt es viele, doch die Ressourcen sind nicht unendlich, gerade jetzt, da der bisherige Leiter Johannes Gunzenreiner seine Leitungsfunktion ab­gibt. Ab dem kommenden Frühling werden es nur noch drei Personen sein, die dem Ortsmuseum vorstehen und dieses wertvolle Erbe verwalten. Ver­stärkung würde sehr geschätzt. Es braucht allerdings auch gewisse Vor­aus­setzungen, um diesen Dienst ausführen zu können. Dabei darf der Zeit­auf­wand nicht unterschätzt werden. Gerade im Hinblick auf die Archi­vie­rung kommen da etliche Herausforderungen auf das Team zu.

Öffnungszeiten: Von Oktober bis März, immer am zweiten Sonntag im Monat

jeweils von 14:00 – 16:00 Uhr – oder auf Anfrage bei einem Teammitglied – siehe Webseite der Gemeinde Ortsmuseum – Oberuzwil

In der laufenden Saison sind dies ab Jahresbeginn 2023 die folgenden Termine: 8. Januar/12. Februar/12. März 2023