Hoffnung wagen, auch in turbulenten Zeiten

Hoffnung wagen, auch in turbulenten Zeiten

24. September 2025 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

Wie seit 1991 anlässlich der 700-Jahrfeier der Eidgenossenschaft üblich, feiern katholische und evangelische Oberuzwiler Gemeindemitglieder den Bettag mit einem ökumenischen Gottesdienst. Diesmal traf man sich in der evangelischen Kirche Oberuzwil. Auch in Jonschwil gab es einen ökumenischen Gottesdienst zu diesem besonderen Tag im Jahr.

Erst begrüsste Gemeinderat Fabio Wagner als Vertreter der Gemeinde alle Besucherinnen und Besucher und freute sich über den grossen Aufmarsch. Er bedankte sich bei allen, welche sich für ein gutes Miteinander einsetzten und damit Hoffnung machten, das Motto des Gottesdienstes.

Zusammen mit Paul Hoch, Gemeindeleiter der kath. Kirchgemeinde Oberuzwil, und René Schärer, evangelischer Pfarrer der Gemeinde Oberuzwil-Jonschwil – hier nicht auf dem Bild – brachte er sich später auch in den Predigtteil ein, welcher in Dialogform geführt wurde.

Die Lesung aus dem 4. Kapitel des Markus-Evangeliums mit den hoffnungsvollen Versen 30 – 33 zeigte auf, wie sehr aus dem winzigsten Samen eine grosse Pflanze heranwachsen kann. Und dieser Geist der Hoffnung wehte durch den ganzen Gottesdienst. Auch die Gemeindeglieder wurden in den Dialog einbezogen. «Was macht mir Hoffnung?» und «Wo kann ich Hoffnung aussäen?» waren Fragen, die auf Zettel beantwortet und danach beim Apéro im Kirchgemeindehaus an Stellwände geklebt werden konnten. Im Gottesdienstablauf war dieser Teil mit «Murmelrunde» angeschrieben. Eifrig beugten sich viele Köpfe über die Papiere. Das sind vermutlich einige der wichtigsten Fragen angesichts all der Not und des Elends, das uns täglich ins Gedächtnis gerufen wird. Beim Apéro wurden die Antworten denn auch eifrig nachgelesen.

Dialog-Predigt

René Schärer stieg mit einem provokanten Votum in das Predigtgespräch ein. «Das ist ja schön und gut, dieses Gleichnis, aber schaut doch mal in die Welt! Überall Hass und Krieg, Einschränkung von Minderheitenrechten, Falschnachrichten – wie kann man da noch Hoffnung haben? Diese Sorgen sehen aus wie Mammutbäume, wie kann man da einen kleinen Senfstrauch überhaupt noch sehen?“

Darauf antwortete Paul Hoch: «Ja, wenn man die Welt ansieht, könnte man tatsächlich verzweifeln. Glücklicherweise gibt es jedoch im grössten Chaos doch immer Menschen, die sich für das Gute, die Mitmenschen einsetzen. Nicht umsonst hat die Frohe Botschaft von Jesus Christus sich seit 2000 Jahren Gehör verschafft, immer wieder hoffnungsvolle Zeichen setzen können. Und so können wir doch getrost Samen aussäen und darauf hoffen, dass daraus viele Früchte heranreifen dürfen. Wie steht es denn in unserer Gemeinde damit?»

Und in der Gemeinde?

Jetzt war Fabio Wagner angesprochen. «In unserer Gemeinde gibt es unzählige solch ausgesäte Samen. So viele Vereine, die Gemeinschaft geben, Projekte, die allen zugutekommen. Oder denkt nur ans Familienzentrum, in welchem Menschen aus allen Kulturen und Religionen willkommen sind. Und dann mein Lieblingsprojekt, das Jugendparlament. Wenn die Jugend sich so aktiv für das Gemeinwohl einbringt, ist das doch wirklich ein weiterer Grund zum Hoffen. Zudem kann jedermann sich in seinem Umfeld für das Gute einsetzen und dieses damit ein wenig erwärmen.» Worauf René Schärer abschliessend meinte, dass die Botschaft Jesu eine integrative Kraft mit grosser Wirkung sei, heute aktueller denn je. Paul Hoch stimmte dem vorbehaltslos zu. Mit diesem hoffnungsvollen Ausblick endete das dialogische Gespräch.

Männerchor als verbindendes Glied

Musikalisch umrahmt wurde die gutbesuchte Feier vom Männerchor Frohsinn, welcher mit seinen Liedern einen Bogen um einen Tagesablauf schlug. Als erstes sang der Chor, von Heidy Gerber auf sehr feinfühlige und präzise Weise dirigiert, den afro-amerikanischen Spiritual «My Lord What a Morning». Um dessen Herkunft ranken sich verschiedene Geschichten. Das Lied drückt die Hoffnung auf Gerechtigkeit, auf einen «neuen Morgen» aus. Hier warrn Werner Hofmann und Cyrill Rickenbacher als sichere Solisten zu hören, unterstützt durch Harmonien des Chores. Christian Schneebeli begleitete den Chor wie gewohnt virtuos auf dem E-Piano.

«Heilig, heilig, heiligs» hier in einer Fassung aus der Coronazeit nachzuhören – aus der Deutschen Messe von Franz Schubert gehört wohl zu den meistgesungenen geistlichen Lieder, passt es doch praktisch zu allen religiösen Feiern. Das Stück leitete zu den Fürbitten über.

Der Chor überraschte zudem mit einer sehr schönen Fassung eines Vater unser, 2002 für zwei Stimmen vom bekannten Chorleiter Gotthilf Fischer komponiert. Später schrieb Heinz Winkler, ehemaliger Chorleiter aus Oberbüren zwei weitere Stimmen dazu. Die feierlichen Klänge berührten. Zum Abschluss der Feier wagten sich die Männer an ein rätoromanisches Lied namens La sera sper il lag Vielleicht wunderten sich manche in den Kirchenbänken, dass sie nichts verstanden. Dank eines romanisch sprechenden Sängers erklang das Abendlied wie von einem richtigen Bünderchor. Man staunt immer wieder, wie schön sich diese Sprache in Musik umsetzen lässt. Für ihre Darbietungen bekamen die Männer einen herzlichen Schlussapplaus.

Vor dem schönen Segen stand die Landeshymne auf dem Programm. Feierlich und klangvoll durchströmte ihr Klang, auch dank den machtvollen Orgelklängen von Christian Schneebeli, die Kirche, dank Text an der Leinwand jedes Wort wunderbar verständlich.

Apéro

Beim Apéro riche im Kirchgemeindehaus – vom Frauenverein sorgfältig vorbereitet und betreut – wurden darauf die verschiedenen Wünsche und Vorstellungen auf den aufgehängten Zetteln von vielen Anwesenden studiert. Die Stichworte «Glauben, Liebe, Hoffnung, Gemeinschaft, Frieden, Dankbarkeit» waren auf vielen Papieren zu lesen. In persönlichen Gesprächen wurde immer wieder die Freude darüber laut, dass man in Oberuzwil einen so guten ökumenischen Umgang pflege. Auch das gibt Hoffnung!