Geglücktes Zusammenspiel von Formen und Farben

Geglücktes Zusammenspiel von Formen und Farben

8. Mai 2025 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

Die Galerie am Gleis an der Bahnhofstrasse in Uzwil bietet immer wieder Möglichkeiten, auf manche Dinge aus einem besonderen Blickwinkel zu schauen. Diesmal stehen verschiedene Holzskulpturen in der schönen Galeriehalle. Von aussen können zudem kleinere Exponate bewundert werden. Dazu hängen Bilder an der Wand, die auf eigenartige Weise die Farbnuancen der Skulpturen aufnehmen. Das Galerie-Team hat den Raum sehr geschickt ausgenutzt, dabei dem Auge immer auch Zwischenräume geschenkt. Es ist eine Wohltat, sich im Raum bewegen zu können, ohne Angst zu haben, irgendwo anzustossen.

Ivo Herrsche

Der Rheintaler Ivo Herrsche ist immer auf der Suche nach verrottetem Holz, oft tief im moorigen Boden vergraben und erst bei einer Bautätigkeit zum Vorschein kommend. Er hat den Blick für besondere Formen, lässt sich aber auch vom Fund selbst überraschen. Dabei kommt ihm – ausser vielleicht einer Motorsäge – nichts Maschinelles zur Hilfe, er will alles «händisch» bearbeiten. Seit 2011 ist er immer wieder an Ausstellungen präsent. Funde aus Mooreiche haben es ihm besonders angetan. Er lernte das Vergolden mit echtem Blattgold und veredelt unterdessen damit manche seiner Fundstücke. Apfelholz ist ihm ebenfalls sehr ans Herz gewachsen, es gibt zudem Exponate aus Vogelbeerholz, solche aus Birke, Buche oder Vogelkirsche. Alle sind sorgfältig mit einem Stechbeitel geglättet. Ein Schmirgelpapier kommt beim ihm nie zum Einsatz, das ist Ehrensache. Dabei kommt das Innenleben dieser Stücke auf lebendige Weise zum Leuchten. 2017 hat er den 1. Preis des Ideen-Wettbewerbs «Wegmarken» des Vereins St.Galler Rheintal gewonnen.

Unterdessen hat er sich auch an Bronzeguss-Exponate gewagt, dabei ist ihm Giacometti ein grosses Vorbild. Ganz neckisch ist in der Ausstellung so ein kleines Männchen zu sehen, welches in einem Totholzstück steckt. Man wird in Zukunft davon vielleicht noch mehr hören.

Milly Broder

Die Liste all der Ausbildungen, welche die Künstlerin gemacht hat, ist lang. 1987 hat alles mit einem Seidenmalgrundkurs angefangen. Naturmaterialien wie Sumpfkalk, Pigmente oder Wachse haben es ihr angetan. Sie spachtelt viele Schichten dieser Farbmischungen auf ihre Bilder. Das braucht Geduld. Dabei lässt sie sich vom Entstandenen überraschen, legt eine weitere Schicht auf, jedes Mal mit einer Trocknungsphase dazwischen. Darum kann es gut sein, dass ein Bild mehrere Monate lang auf der Staffelei steht, bis es so ist, dass es Milly Broder als fertiges Bild annehmen kann. Die Farben sind eher matt, leuchten aber dennoch irgendwie. Nur schon das Papier ist etwas Besonderes. So gibt es Bilder, die auf teures Seidelbastpapier aus Japan gemalt sind. Das Papier wölbt sich, weil die Feuchtigkeit der Spachtelmasse es ausdehnt. Das gibt einen ganz besonderen 3D-Effekt.

Auch Milly Broder stellt seit 2003 regelmässig aus. Diesmal suchte sie gezielt nach jemanden, dessen Kunst mit ihren Bildern harmonieren würde. So stiess sie auf Ivo Herrsche. Sie verabredete sich mit ihm, traf ihn zu einer Art «Kunst-Blind-Date». Und es passte.

Wohltuende Augen- und Seelennahrung

Entstanden ist ein wohltuend ruhiges, sehr stimmiges Zusammenspiel von Totholz mit erdfarbenen Bildern. Das Auge bekommt viel zu sehen, im Gehirn formen sich Titel und Stimmungen zu den einzelnen Ausstellungstücken. Manche Herrsche-Exponate haben typische Rheintaler Ausdrücke als Titel. «Fascht z’schpot», «S’Muul offa» oder «Oacha Spälta» heisst es da etwa, und das ganz ohne Übersetzung! Milly Broder überlässt es hingegen dem Publikum, sich eigene Zuschreibungen auszudenken. Auch dies gehört zum Kunstgenuss.

Die Ausstellung in Uzwil dauert noch bis zur Finissage am Sonntag, 18. Mai 2025. Auf der Webseite der Galerie sind die Öffnungszeiten nachzulesen.