Donnerstags-Gesellschaft Oberuzwil: 2021 Trotz Corona volles Programm

Donnerstags-Gesellschaft Oberuzwil: 2021 Trotz Corona volles Programm

5. Februar 2022 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

Neuer Vorstand: v.l. : Marlies Gemperle, Thomas Hofstetter, Co-Präsidentin Brigitt Klaus-Hasler, Co-Präsident Adrian Müller, Franziska Guhl und Ellen Schout Grünenfelder.

Dieses Jahr musste die Donnerstags-Gesellschaft Oberuzwil ihre Hauptversammlung notgedrungen bereits zum zweiten Mal in ganz kleinem Rahmen abhalten. Im Vorfeld hatten deshalb alle Mitglieder – im Augenblick gehören der Gesellschaft 253 Männer und Frauen an – Post erhalten. Darin konnten alle Aktivitäten des vergangenen Jahres anhand der üblichen Traktandenliste nachgelesen werden.

Abschiede

In seinen Begrüssungsworten erinnerte Co-Präsident Adrian Müller daran, dass die Verabschiedung der letztes Jahr zurückgetretenen Vorstandsmitglieder Thomas Rhyner, Ueli Gubler und Regula Blöchlinger-Eberle noch immer nicht habe stattfinden können. Niemand habe sich damals vorstellen können, dass Regula Blöchlinger so kurz darauf sterben würde. Adrian Müller bedauerte dies sehr. – Vorgesehen ist nun, das zurücktretende Vorstandsmitglied René Baer, zusammen mit Ueli Gubler und Thomas Rhyner, hoffentlich bald in grösserem Rahmen würdig verabschieden zu können. Im Jahr 2021 sind neun langjährige Mitglieder verstorbenen. Adrian Müller bat nach dem Verlesen der Namen um eine kurze Stille, um sich nochmals an diese Personen zu erinnern.

Gesellschaftlicher Wandel

Zum Verfassen des Jahresberichts 2021 war Adrian Müller ins Archiv der Donnerstags-Gesellschaft in den Räumen der Clientis-Bank AG hinabgestiegen und hatte sich in die historischen Geschehnisse vertieft. Die Geschichte der Gesellschaft ist äusserst spannend und bildet das gesellschaftliche Geschehen seit Mitte des 19. Jahrhunderts ab. 1834 gründeten sechs «hochwohlgeborene» Herren, alles interessierte, gebildete Zeitgenossen, die Donnerstags-Gesellschaft. Frauen waren da noch kein Thema. Männer traten nach aussen auf, die Frau hatte im Haus zu wirken.

Es wurden vor allem politische Vorgänge besprochen, aber auch Vorträge zu aktuellen Themen angeboten. Bald schon wurde auch ein Lesezirkel gegründet, mit klar festgelegten Fristen, die bei Nichteinhalten eine Busse zur Folge hatten. Bussen waren überhaupt ein Mittel, um die Disziplin hochzuhalten. Die Männer trafen sich wöchentlich, anfänglich jeweils am Freitag, seit dem 19. Januar 1844 immer am Donnerstag, und zwar in ganz verschiedenen Wirtschaften. Das «Rössli» spielte aber immer eine grosse Rolle. Dort wurde – nebst dem Gemeinderat – auch die Dorfpolitik gemacht. Natürlich konnten nur angesehene Bürger der Gesellschaft beitreten. Die Veranstaltungen waren lange eine total elitäre Angelegenheit. Doch irgendwann durften dann doch auch Frauen Mitglied werden.

Donnerstags-Gesellschaft als Impulsgeberin

Vieles im Dorf – so beispielsweise die heutige Clientis Bank Oberuzwil – wurde von Leuten aus der Donnerstags-Gesellschaft angestossen. Auch für eine gute Schule und einen Kindergarten setzten sich die Männer ein, ebenso für die Unterstützung von sozial Benachteiligten im Dorf. Gar ein Schwimmbad wurde geplant, sogar ein steinernes Bassin aus heimischem Felsen – im Lauften – zum grossen Teil von der Gesellschaft bezahlt. Ein paar Jahre später kümmerte sich jedoch die  Gemeinde um ein passendes Schwimmbad, hatte da bereits einen passenden Ort beim Sägeweiher gefunden.

Auch das Ortsmuseum entstand auf Initiative der Gesellschaft. Kultur war dem Vorstand immer ein grosses Anliegen. Mit  einem im Archiv gefundenen Jahresbericht aus dem Jahre 1989, verfasst vom damaligen Präsidenten Beat Müller-Bachmann und von Adrian Müller vorgelesen, bekamen die Anwesenden einen kleinen Einblick in die Tätigkeiten und die Gepflogenheiten der Gesellschaft vor gut dreissig Jahren, aber auch verschiedene Anekdoten aus der Gründerzeit. Kultur bedeutet auch «sich erinnern».

Rücktritt René Baer

René Baer, ein Ur-Oberuzwiler, dachte dreissig Jahre lang im Vorstand der Gesellschaft mit, brachte in diesen drei Jahrzehnten viele Impulse ein und machte sich – zusammen mit dem Vorstandsteam – für kulturelle Angebote im Dorf stark. Eigentlich hätte er schon letztes Jahr zurücktreten wollen, aber weil da bereits drei Austritte bekannt waren, hängte er glücklicherweise noch ein Jahr an.

In seiner kurzen Abschiedsrede beschrieb er den persönlich erlebten kulturellen Wandel in der Gesellschaft. Als er eintrat, war Beat Müller-Bachmann Präsident. Dieser pflegte – wie seine Vorgänger – einen patriarchalen Stil, war für fast alles zuständig und hatte bei allen Geschäften das letzte Wort.

Doch im Lauf der Jahre änderten sich die gesellschaftlichen Gegebenheiten, Mitbestimmung wurde immer gefragter. Heute gibt es in Götti-Gotte-System. Immer ist eine Person aus dem Vorstand für einen Anlass verantwortlich, betreut die angefragten Personen und organisiert alles Drum und Dran. Selbst das Präsidium wird im aktuellen Vorstand geteilt. Brigitt Klaus-Hasler und Adrian Müller führen gemeinsam den Vorsitz. Die Gesellschaft ist pluralistisch geworden, vieles hat Platz.

René Baer brachte in seiner langen Vorstandsmitarbeit viele kulturelle Impulse ein. Nun tritt er kürzer und verabschiedet sich aus dem Vorstand.

Kein Verein, eine einfache Gesellschaft

René Baer wies darauf hin, dass die Donnerstags-Gesellschaft kein Verein sei, deshalb auch keine Statuten habe. Das erlaubt ihr, viel freier mit den Geschäften umzugehen. Und doch läuft an der HV vieles wie in einem Verein ab. Es gibt eine Traktandenliste, dazu einen Jahresbericht, ein Protokoll, natürlich einen – diesmal sehr erfreulichen – Kassabericht samt Revisorenbericht – und die Möglichkeit für die Mitglieder, sich beim Programmpunkt «Allgemeine Umfrage» zu Wort zu melden. Die Hauptversammlung ist für viele Mitglieder der Höhepunkt im Jahr, ein geselliger Anlass, der auch dazu dient, neue Personen kennenzulernen.

Neues Vorstandsmitglied

Für René Baer nimmt nun Marlies Gemperle Einsitz im Vorstand. Das diesjährige Programm ist natürlich bereits aufgegleist, vermutlich auch schon etliches für das nächste Jahr vorgesehen, aber die Frau freut sich darauf, eigene Vorschläge einzubringen. Sie stellte sich in sympathischen Worten vor. Ihr Vater sei in der Rüti in Niederglatt, sie selber in Gossau SG aufgewachsen, Oberuzwil jedoch ihr Bürgerort. Angefragt worden war sie von Co-Präsidentin Brigitt Klaus-Hasler. Die zwei Frauen sind seit vielen Jahren befreundet. Marlies Gemperle ist selber künstlerisch tätig. Zudem singt sie im Good-News-Chor seit Jahren mit. Sie freut sich auf diese neue Herausforderung. Schönheit als Seelennahrung

Alle Anlässe konnten durchgeführt werden

Vier ganz unterschiedliche Anlässe standen 2021 auf dem Programm. Im April durften die Mitglieder hinter die Kulissen des Historischen und Völkerkundemuseums schauen, vom scheidenden Direktor Daniel Studer mit viel Herzblut begleitet.

Im Juni erfreute das Duo Janett-Grossmann mit virtuoser, von feinem Humor geprägter Volksmusik.

Die bekannte Slam-Poetin und Musikerin Lara Stoll begeisterte im September im Singsaal der Oberstufe mit Wortwitz und überraschenden Zusammenhängen.

Und Ende Oktober schliesslich konnten sich Besucherinnen und Besucher beim Kolumnenpaar Schreiber-Schneider Tipps zur Beziehungspflege holen. Manche ihrer Ausführungen wurden da und dort von heftigem Kopfnicken begleitet.

Alle vier Anlässe waren trotz pandemiebedingten Schutzmassnahmen sehr gut besucht. Auch in Oberuzwil zeigte sich: Kultur scheint ein Urbedürfnis vieler Menschen zu sein.

Jahresprogramm 2022

Auch das neue Programm verspricht wieder Kulturgenuss pur. Im Lauf der nächsten Wochen werden alle Oberuzwiler Haushaltungen das neue Programm zugestellt erhalten. Kleiner «Appetizer» gefällig? Ein Trio wird am 28. April 2022 die verschiedenen Klangfarben von Viola, Querflöte und Harfe mittels hochstehender Kammermusik zu Gehör bringen. Im November 2022 wird die Zauberflöte von W.A. Mozart durch das Kammerorchester St.Gallen als historische Kammermusik aufgeführt. Allerdings wird hier nicht gesungen werden, sondern man darf die Handlung als Erzählung erleben.

Zwei Anlässe sind dem gesprochenen Wort gewidmet. Wer mehr wissen möchte, informiert sich am besten auf der Homepage der Donnerstags-Gesellschaft – oder wartet auf den Aussand des Programms in alle Haushaltungen. Donnerstagsgesellschaft Oberuzwil

Im Ortsmuseum wird zurzeit die Geschichte des Traditionsunternehmens Baer-Druck gezeigt. In der Ausschreibung wird versprochen, dass man auch selber gewisse Techniken ausprobieren könne. Die Ausstellung im Ortsmuseum Oberuzwil ist noch an den Sonntagen vom 13. Februar 2022 und 13. März zu sehen, jeweils von 14:00 – 16:00 Uhr.