Tonfenster Oberuzwil 2019: Breitgefächertes Angebot

Tonfenster Oberuzwil 2019: Breitgefächertes Angebot

20. November 2019 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

Mitte November 2019 lud der Männerchor Frohsinn aus Oberuzwil bereits zum sechsten Mal zu seinem seinerzeit vom ehemaligen Präsidenten Felix Grünenfelder ins Leben gerufenen TONFENSTER ein. Dieser Anlass gibt allen interessierten Vereinen mit musikalischem Bezug ein Präsentationsfenster. Einzige Bedingung: Mindestens ein Mitglied muss aus Oberuzwil stammen. 14 verschiedene Formationen nutzten die Gelegenheit und machten tolle Werbung für ihr Hobby. Alle Angemeldeten können jeweils im Vorfeld vier zeitliche Auftrittswünsche angeben. Der Verein gestaltet danach das Tagesprogramm. Dieses ist auch diesmal äusserst vielfältig und abwechslungsreich ausgefallen. Männerchor Frohsinn Oberuzwil

Auftritt des Gastgebers

Auf dem Weg zum Singsaal der Oberstufe Schützengarten fiel ein Mann mit einem wie aus der Zeit gefallenen Puppenwagen auf. Mit sichtlichem Stolz stiess dieser das Gefährt vor sich her. Bei näherem Zusehen entpuppte der Mann sich als Edgar Fürer, Mitglied des Männerchors Frohsinn. Da seine Frau als Clownin auf dem Programm stand, lag die Vermutung nahe, dass dieses Wägeli zu ihrer Präsentation gehöre. Doch weit gefehlt! Das Geheimnis löste sich, als der Männerchor in seinem Liederblock – am Klavier von Hanspeter Nadler einmal mehr wunderbar begleitet – mit „Ganz de Bappe“ auch einen Riesenhit aus den Siebzigerjahren zum Besten gab. Wer erinnert sich nicht ans Trio Eugster? Hier hatte nun Edgar Fürer seinen grossen Auftritt. Dabei kam der bereits beschriebene Puppenwagen zu Zug, sehr zum Vergnügen des Publikums. Und wer hätte gedacht, dass die Sänger auch fliessend Suaheli singen können? Mit dem Ohrwurm „Heaven is a Wonderful Place“ lud der Chor unter der bewährten Leitung von Heidy Gerber zum Schluss auch die Zuhörerschaft zum Mitsingen ein. Trio Eugster 1975

Pianisten sind gefragt

Wenn Begleitung gewünscht wird, greift man im Dorf Oberuzwil gerne auf die ausgezeichneten Pianisten Christian Schneebeli oder Hanspeter Nadler zurück. Wenn auch Nadler „ennet dem Bahndamm“ wohnt, so darf er sich doch manchem hiesigen Verein zugehörig fühlen. Nebst dem Männerchor griff er auch für den GOOD-NEWS-Chor in die Tasten und begeisterte mit seinem Stil.

Schneebeli unterstützte auf seine unnachahmlich virtuose Weise gleich zwei Mal ein musikalisches Angebot. Beim Gospelchor Oberbüren ist er seit vielen Jahren unverzichtbarer Keyboarder, immer den Chor rhythmisch und tonmässig unterstützend.

Diesmal trat Christian Schneebeli mit Ann-Britt Alder-Wullschleger und Claudia Braun-Rigling aus St.Gallen als Trio “ClaudiaAnn-BrittChristian” auf. Hier berührten ganz besonders die zwei melancholischen Lieder aus dem Bernbiet „S’isch äbe n en Mönsch uf Ärde“ und „Stets i Truure mues i läbe“. Christian Schneebeli machte dabei die Übergänge zu einem solistischen Hörgenuss. Die Drei brachten eine neue Note in den Nachmittag. Ihr Auftritt sei allerdings einfach ein „Projekt“, wie Ann-Britt Alder verriet. S’isch äbe n en Mönsch uf Ärde

Verschiedene Stilrichtungen

Es erstaunt immer wieder, wie vielfältig doch das einheimische Musikleben ist. So begann der Tag mit Heimatklängen, hingezaubert von den Plauschörgelern, geleitet von Elfi Künzle. Ihr erstes Lied erinnerte an einen Schlager von Andreas Gaballier. Die Pläuschler proben alle 14 Tage, es ist ein reines, aber sehr beglückendes Hobby, wie Elfi Künzle erklärte. Ihr Vortrag war abwechslungsreich, was den Takt und die Dynamik angeht und öffneten damit das Tonfenster genau passend. Musikstudio Elfi Künzle Oberuzwil

Der katholische Kirchenchor präsentierte ebenfalls heimische Klänge, diesmal aber mit Urs Ghirlanda auf dem Alphorn und Roman Bislin-Wild am Piano. Zu tiefsinnigen Texten des ehemaligen Uzwiler Priesters Georg Schmucki hatte der Pianist berührende Melodien komponiert. Man spürte dem Chor die Freude an diesen liturgisch vielfältig einsetzbaren Liedern an. Selbst das Publikum bekam eine Einsatzmöglichkeit und liess ein kraftvolles „Halleluja“ erschallen.

Richtige Volksfeststimmung kam auf, als drei Personen in Edelweisshemden einen „Taler“ im Becken kreisen liessen. Die Lieder des Chors waren eine eigentliche Predigt, riefen zu Achtsamkeit und gegenseitiger Hilfe auf. Der Jodlerclub Uzwil unter Leitung von Michaela Buob erfreute darauf den immer voller werdenden Saal mit bewährten Heimatklängen, was musikalisch sehr gut zu den Liedern des kath. Kirchenchors passte. Katholischer Kirchenchor Oberuzwil

Der Jodlerclub Uzwil erfreute mit heimatlichen Wohlklängen.
Volle Konzentration

Neue Gesichter

Immer wieder gibt es neue Musikgruppen, die sich vor Publikum wagen. Diesmal stand im Programm eine Gruppe namens UNTITLED – ohne Titel – wie bei einem abstrakten Bild sollte man sich selber seinen Reim dazu machen. Fünf junge Mädchen hatten einen Kollegen als Beatboxer engagiert. Schon vorher war eine ganze Kinderschar in weissen T-Shirts aufgefallen, Susanne Hubers Kinderchor XANGBOX. In der Mitte des Liederblocks wurden diese nun ebenfalls ins Geschehen einbezogen. Auch zwei mutige kleine Mädchen aus dem Publikum machten voller Begeisterung mit. Das Programm der Gruppe war ganz auf die Jugend zugeschnitten, natürlich in Englisch gesungen und von Andy Hafner am Flügel unterstützt. Ihr Repertoire unterscheidet sich verständlicherweise sehr von dem eines erwachsenen Chors. WE ARE FAMILY von der Gruppe SISTER SLEDGE stammt allerdings aus den späten Siebzigerjahren, hat also schon etliche Jahre auf dem Buckel – scheint aber junge Leute auch heute zu begeistern. We are Family Das ist Beatboxen

Stille Momente

Es gab auch ganz stille, ja fast intime Momente. So beispielsweise nach dem Auftritt des Männerchors, als Alessandro Fiore auf dem Stuhl vor dem Flügel Platz nahm und danach in eine ganz eigene Welt eintauchte. Vor zwei Jahren war er als Zivi an der Oberstufe tätig gewesen und hatte schon damals einen Auftritt gehabt. Beim Zuhören wusste man nicht so genau, wo jetzt die Töne herkommen würden, jedenfalls nicht ab einem Notenblatt. Es schien auch diesmal, als würde die Musik direkt in seine Finger fliessen, diese dann die Tasten bewegen und danach sich der Klang im Raum verteilen. Da wechselten sich kraftvolle Töne mit feinsten pianissimi ab, es war mucksmäuschenstill im Raum, wer da war, hörte zu. Später wurde es jazzig, man meinte auch einmal, den Beginn von „Alli mini Entli“ zu hören… Pianofiore

Strahlende Kinderaugen

Auch die beiden Clowninnen Estella – Tanja Dörig – und LaBella – Bernadette Fürer – waren für leise Momente zuständig. Sie kamen zum Putzen, was allerdings einem kleinen Buben, der auf der Bühnentreppe Platz genommen hatte, nicht so recht passen wollte. Er beschwerte sich, wollte nicht, dass hier gewischt werde, schien eine Zeitlang fast Teil der Szenerie zu sein und brachte das Publikum mit seinem Widerstand zum Lachen. Die farbigen Kleider, die überdimensionierten Schuhe und das komische Geplauder der beiden Frauen liessen Kinder kichern und Erwachsene schmunzeln. Am Schluss gestand Clownin LaBelle, die ganze Putzerei sei einzig für die kommende Nummer geschehen: FLAMENCO!!!

Vientos del sur – Südwind

Und tatsächlich! Das Tanzpaar Diego Gonzàles Lòpez und Barbara Schadegg – Primarlehrerin aus Oberuzwil – zeigte die vielfältigen Facetten des Flamenco-Tanzes. Über die Herkunft des Flamencos gibt es unterschiedliche Theorien. Eine besagt, dass das Spiel der Arme und Hände den Bewegungen eines Flamingos ähnlich sei. Beim Zuschauen der beiden Tanzenden konnte man dieser Erklärung gut und gerne beipflichten. Sie gestalteten die 20 Minuten Auftrittszeit sehr abwechslungsreich, zeigten sich in unterschiedlichen Tenüs, immer hochkonzentriert. Zum Tanz gehören eine stolze Miene, ein spezielles „Outfit“ und ganz viel Rhythmusgefühl. Man spürte bei den beiden ein brennendes inneres Feuer, dessen Wärme sich nach und nach im ganzen Saal ausbreitete. Als Lohn gab es zum Schluss einen riesigen Applaus. Vientos del sur

Lauter weibliche Chorleitungen

War eine Dirigentin noch vor wenigen Jahrzehnten eher eine Exotin, so hat sich dies stark geändert. Alle auftretenden Chöre wurden von einer Frau geleitet. Der Kirchenchor Niederuzwil-Oberuzwil sang diesmal lauter englische Lieder, wurde dabei von Dirigentin Oxana Peter-Fedjura am Flügel be- und geleitet. Der Bassist Felix Klein brachte mit seiner warmen Stimme im Solo STARS die Sterne zum Leuchten. Und mit WHAT A WONDERFUL WORLD – vom Chor im Hintergrund mit dezenten Harmonien unterstützt – wurde das Publikum mit einem absoluten Welthit beschenkt. Dabei hatten wohl viele auch die wunderbare Interpretation von Louis Armstrong im Hinterkopf. Evangelischer Kirchenchor Niederuzwil-Oberuzwil

Der Good-News-Chor wird ebenfalls von einer Frau geleitet. Priska Bischof singt zwischenhinein gerne auch solistisch gewisse Passagen eines Liedes. Mit ihrem frischen Auftreten und dem hübschen Logo auf ihren Oberteilen boten sie auch optisch einen tollen Genuss. Mit ihren teils französisch gesungenen Liedern machten sie bereits Lust auf ihr Konzert im kommenden Mai. Good-News-Chor Oberuzwil

Auch die Jugend hat ihren Platz

Sehr sympathisch ist am Konzept des Tonfensters ebenfalls der Einbezug von Kindern und Jugendlichen. So waren den ganzen Tag auch im Publikum immer Kinder dabei. Der Chupa-Chups-Chor, von Oberstufen-Musiklehrerin Enid Münger geleitet, war schon im Juni am Rahmenprogramm der Schüeli zu hören gewesen. Hier wird Aufbauarbeit geleistet, genau wie das auch Susanne Huber mit dem Kinderchor XANGBOX macht. Den Abschluss des Tages machte der mittlerweile etablierte JaSoRo-Chor mit Leiterin Jasmin Stadler. Sie sind seit etlichen Jahren jeweils auch an der Chilbi Oberuzwil zu hören. JaSoR-Chor Oberuzwil

Festwirtschaft

Wer genug zugehört hatte, konnte sich im Foyer des Oberstufenzentrums mit verschiedenen Köstlichkeiten aus dem Angebot der Gourmet-Häfi verpflegen. Ein derartiger Anlass braucht viele Mitdenker und anpackende Hände, damit alles reibungslos über die Bühne gehen kann. Und für Besucherinnen und Besucher bietet diese Festwirtschaft eine willkommene Möglichkeit, Bekannte zu treffen oder neue Bekanntschaften zu machen. Dies stärkt den Zusammenhalt in der Bevölkerung und hilft gegen die zunehmende Individualisierung, die ein Zeichen der Zeit zu sein scheint.