Ganz spezielle Vorlesestunde in der Uzwiler Bibliothek
Am Mittwoch, 22.Mai 2019, war Schweizer Vorlesetag. Überall im Land trafen sich Kinder und Erwachsene zu einer Vorlesestunde, bevorzugt in einer Bibliothek. In Uzwil hatten sich die Bibliotheksfrauen dazu einen ganz besonderen Anlass ausgedacht. „Bauen mit LEGO, während vorgelesen wird.“ Die Idee fand Anklang, in der Bibliothek trafen sich Bautüftler mit Geschichtenliebhaberinnen, Papis mit ihren Kindern, aber auch Mamis mit Freude am Bauen und Geschichtenhören.
Schweizerisches Institut für Kinder- und Jugendmedien
Zwölf Teams
Das Bibliotheksteam hatte dazu eingeladen, sich als Mama oder Papa mit einem oder zwei Kindern zu einem Team zusammenzutun und gleich zwei Leidenschaften zu frönen, nämlich dem kreativen Gestalten von zur vorgelesenen Geschichte passenden Gebäuden, Landschaften oder auch umfassenden Anlagen eigener Prägung. In der Mitte lagen verdeckte Haufen aus LEGO-Steinen, die aber schnell aufgedeckt wurden. Schon sah man in den Augenwinkeln vieler Teammitglieder ein freudiges Funkeln. So viele Steine in allen Farben, dazu Zubehör in den unterschiedlichsten Formen auf einem Haufen! Es kam aber noch besser, denn die Teams durften bei allen andern LEGO-Inseln ebenfalls auf die Suche gehen. Also beste Voraussetzungen für einen gelungenen Bau-Abend!
Erst noch verdeckt, dann aber sichtbar – fünf solche Haufen waren vorhanden.
Spannende Geschichte
Mama Daniela Gremminger und ihre Tochter Elisabeth waren als Vorleserinnen vor Ort. Sie hatten für ihre Aufgabe das SJW-Heftchen Nr. 2454 mit dem Titel DAS KINDERFEST AUF BURG WEISSENSTEIN ausgelesen. Da die Vorlesezeit genau festgelegt worden war, kürzten die beiden den Text, ohne dass die Geschichte damit ihren Reiz verlor. Kinder lieben es ja meistens sehr, wenn es etwas unheimlich oder gar gruselig zugeht in einer Geschichte. Das Schlossgespenst Frank mit seinen Kapriolen liess denn auch bei jedem „Uiiii!!! „ alle aufhorchen.
Das Kinderfest auf Burg Weissenstein
Bild 1 Erst musste noch gewartet werden. 2. Papa und Sohn beim eifrigen Suchen. 3. In der Bibliothek trifft man auch immer Bekannte. 4. Über die ganze Zeit wurde ganz ruhig gebaut und gut zugehört.
Spannend war in diesem Zusammenhang auch, dass Elisabeth als Sprecherin für das Burggespenst Frank für die Kinder unsichtbar hinter einem Vorhang las. So erschien die Vorlesung wie aus einem Guss, hatten doch Mutter und Tochter recht ähnliche Stimmen.
In fünf Blöcken mit kurzen „Besprech-Pausen“ erfuhren die eifrig Bauenden, wie ein kleines Ruinengespenst Verwirrung und gar Chaos stiftete, sehr zum Vergnügen der Zuhörenden.
Elisabeth Gremminger liess immer wieder das “Uiiii!” des Gespenstes Frank ertönen. Mama Daniela las – zum allerersten Mal, wie sie betonte – die klug zusammengestellte Geschichte vor.
Interessante Interaktionen
Äusserst interessant war es, den Teams beim eifrigen Bauen zuzuschauen. Erst musste ja das zu bauende Sujet abgesprochen werden. Dazu hatte Daniela Gremminger zu Beginn der Vorlesestunde ein paar Hinweise auf verschiedene Orte des Geschehens gegeben. Eine Burgruine spielte eine ganz besondere Rolle und wurde auch gleich von mehreren Teams ausgewählt. Im Restaurant Krone wurde Schule gehalten, auch ein Bahnhof kam vor. Alle diese Örtlichkeiten waren am Schluss denn auch als wahre Kunstwerke zu bestaunen. Die am Boden liegenden oder knienden Väter und Mütter verstanden es, ihre Kinder zu Suchaktionen in anderen LEGO-Haufen zu motivieren. Da und dort sah man auch kurz – und verschämt – den einen oder andern Papi kurz auf das Display seines Smartphones schielen. Die Kinder waren mit Feuereifer bei der Sache, es war während der Vorlese-Sequenzen teilweise schon fast erstaunlich ruhig im Raum.
Vorlesen fördert Sprachkompetenz
Fast alle Kinder lieben spannende Geschichten. Ganz besonders mögen sie es, wenn kleine Ungezogenheiten oder harmlose Tabubrüche vorkommen. Heute ist im Berufsleben eine gute Lesekompetenz eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen gelungenen Abschluss. Die digitale Welt verstärkt diesen Anspruch noch. So vieles muss gelesen – und verstanden! – werden. Eltern oder auch andere Bezugspersonen der Kinder können diese Kompetenz mit Vorlesen auf unaufdringliche Art und Weise fördern. Vorlesen vergrössert den Wortschatz, gibt emotionale Nähe und weckt Lust aufs Selberlesen. Dass dabei die Interessen der zuhörenden Kinder berücksichtigt werden, gehört zu einer klugen Sprachförderung dazu. Und wo kann man besser Vorlesematerial und Beratung bekommen als in einer Bibliothek?
Keine Rangliste…
Nach dem aufregenden Wühlen im LEGO-Haufen und der kreativen Bauphase wurden die entstandenen Kunstwerke bestaunt. Eine Bewertung gab es nicht, aber überall strahlende Gesichter. Dass die LEGO-Steine anschliessend sogar mit nach Hause genommen werden durften, erhöhte die Freude noch. Die Bibliothek hatte auf RICARDO 20 kg solcher Bauteile ersteigert, zu einem sehr günstigen Kilopreis. Da sah man wieder ganz unterschiedliche Vorgehensweisen. Eine Mama suchte beispielsweise lauter Steine mit „Mädelsfarben“, während ein kleiner Junge solche ein- und dann wieder auspackte, die Qual der Wahl war ihm ins Gesicht geschrieben.
Zum Abschluss des sehr gelungenen Abends bekamen alle eine hübsche Zopfkreation mit einem eingesteckten Brügeli als Zunge sowie einen Becher Schorley, bevor es kurz vor acht Uhr abends zurück nach Hause ging. Vielleicht hat ein Bub oder Mädchen – oder gar eine Mama oder ein Papa, wer weiss? – noch im Bett vom Legobauen geträumt. Schliesslich waren alle mit Feuereifer bei der Sache gewesen.