Begegnungsfeier 2025: Soll diese Entlöhnung  wirklich gerecht sein?

Begegnungsfeier 2025: Soll diese Entlöhnung wirklich gerecht sein?

6. Juli 2025 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

Diese Frage stellten die Kinder der vierten Klasse bei der Bibelübergabe in der evangelischen Kirche Oberuzwil. In einem kleinen Theater mit historischer Kostümierung stellten die Buben und Mädchen aus den Religionsklassen der einzelnen Dörfern Oberuzwils die Geschichte von den Arbeitern im Weinberg vor. Eine Geschichte mit sozialer Sprengkraft.

Begegnungsfeier neu VOR den Sommerferien

Früher hiess dieser Anlass «Gemeindetag» und fand viele Jahre einmal bei der Familie Weiss im Riet in Bichwil oder bei Lina Wüthrich in der Gemeinde Jonschwil statt. Sicher erinnern sich manche noch an die schönen Blüten, die im gefüllten Brunnen bei Lina Wüthrich in der Augusthitze schwammen. Da wurde für Taufen auch mal Wasser aus diesem Brunnen verwendet. Diese Gottesdienste waren immer sehr gut besucht. Der Aufwand für die Organisation war aber auch beträchtlich, brauchte es doch immer Bänke, Tische und Grillstellen. Denn schon damals gab es nach dem Gottesdienst etwas vom Grill, zu trinken und ein Dessert.

Jedem Kind seine eigene Bibel

Irgendwann kam die Idee auf, den Schülerinnen und Schülern der vierten Klassen anfangs 5. Klasse eigene Bibeln zu überreichen. Diese hatten die Kinder vorgängig hübsch mit Filz verziert und das Buch damit zu einer persönlichen Kostbarkeit gemacht. Diese wurden im Rahmen des Gemeindetages jeweils jedem Kind feierlich übergeben. Aber irgendwann kamen Zweifel auf. Kaum waren die Sommerferien vorbei, stand schon der Gemeindetag auf der Agenda. Manche Klassen hatten eine neue Lehrkraft, man hatte kaum Zeit, etwas Sinnvolles auf die Beine zu stellen. Nein, so passte es nicht mehr!

An schulische Gegebenheiten angepasst

Deshalb wurde diese Feier nun neu auf den letzten Sonntag vor den grossen Sommerferien verlegt. Die Feier findet jeweils in der Kirche statt, der gesellige Treff danach auf dem Areal beim Kirchgemeindehaus. So ist man auch weniger vom Wetter abhängig. Der Tulpenbaum hat unterdessen eine stattliche Grösse erreicht und spendet wunderbar kühlen Schatten. Und auch auf der Westseite des Kirchgemeindehauses gibt es um die Mittagszeit kühle Plätzchen. Zur Sicherheit wurden diesmal auch noch Sonnenschirme aufgestellt.

Theater mit herausfordernder Frage

Nach dem Bibeltext aus dem Matthäus-Evangelium, Kapitel 20, Verse1-16, erarbeiteten die Religionslehrkräfte ein aussagekräftiges Theaterstück.

Als Neuigkeit sass mit Nina Hutter auf einem Stuhl vor der vordersten Kirchenbank eine Gebärden-Dolmetscherin. Sie übersetzte simultan für eine Familie mit gehörlosen Mitgliedern. Die mitmachenden Kinder schauten teilweise ganz fasziniert dem gestenreichen Tun zu.

Mädchen und Buben spielten ihre Rollen als Hausherrin oder Verwalter, aber auch als Taglöhner und Gutsherr überzeugend. Für viele Kinder ist heute der Umgang mit technischen Geräten völlig normal. Und doch ist es verständlich, dass manche Kinder vor lauter Aufregung dann schliesslich doch etwas vergessen, richtig ins Mikrofon zu sprechen, nicht gar zu schnell oder zu leise zu reden. In nur zwei Proben haben sie das ganze Theater eingeübt. Für diese kurze Trainingszeit war das Ergebnis sehr, sehr gut. Man spürte die Sorgen der armen Frau, die nichts kaufen konnte, weil alles zu teuer für sie war – und die gleich auch unbarmherzig vom Marktstand weggescheucht wurde. Man hörte von den Sorgen der Männer, die ihre Familien ernähren wollten und nur von Tag zu Tag wussten, ob sie Arbeit finden würden.

Doch dann kam der Hammer, als der Gutsherr den Männern am Tagesende den Lohn für ihre Plackerei im heissen Weinberg bezahlte. Mit wachsendem Ärger erlebten die Männer, die den ganzen Tag geschuftet hatten, dass ihre Kollegen, die viel später zur Arbeit kamen, den genau gleichen Lohn wie sie erhielten. Kann es sein, dass jemand, der erst spät in den Arbeitsprozess als Taglöhner einsteigt, gleich viel Lohn bekommt wie der, der bereits den ganzen Tag in der Hitze geschuftet hat?

Pfarrer René Schärer fragte die Kinder danach, was sie davon halten würden. Und was sie anstelle dieser wütenden Arbeiter tun würden. Schliesslich meinte er: «Sicher würdet ihr am nächsten Tag auch erst am Abend zur Arbeit erscheinen, oder?» Doch Gottes Zeitrechnung gehe eben anders, merkte der Pfarrer an. Es kommt da nicht auf die Leistung an, sondern auf Hingabe und Nachfolge.

Übergabe der Bibeln

Dann kam für die Viertklässler der grosse Augenblick. Mit einem Händedruck und einem persönlichen Zuspruch erhielt jedes Kind nun seine Bibel aus den Händen seiner Religionslehrerin. Dazu rief Henning Mayer jedes Kind mit seinem Namen auf. Nun soll die Bibel die Kinder weiter begleiten.

Einbezug vieler Mitarbeitenden

Kurt Pauli, Sozialdiakon, begrüsste die Gemeinde und bat für ein «offenes Herz». Henning Mayer, Sozialdiakon in Ausbildung, lud die Kinder zum Bibellesen ein. Darauf sang der Kinderchor zusammen mit den Religionslehrkräften aus vollem Herzen «Ich bin ein Bibelentdecker», ein zeitgemässes Lied von Daniel Kallauch (1993) mit kindgerechtem Text. René Schärer bildete den Rahmen um die ganze Feier.

Die Kollekte des Gottesdienstes wurde für den Verein Wycliffe, welcher sich für die Übersetzung der Bibel auch in kaum bekannte Minderheiten-Sprachen einsetzt und dafür schaut, dass diese in möglichst jeder Volkssprache gelesen werden kann.

Dreiköpfige Band

Pfarrer René Schärer ist auch ausgebildeter Gitarrenspieler. Organistin und Chorleiterin Oxana Peter-Fedjura auf dem E-Flügel und Flavia Müglich auf der Panflöte brachten zusammen mit seiner Gitarre mit rassigen Melodien weiter Farbe in den Gottesdienst. Die Panflöte überstrahlte mit ihrem ganz besonderen Klang, welcher dank der bestechenden Akustik der Oberuzwiler Grubenmannkirche besonders gut zur Geltung kam, die musikalischen Einsätze. Und die Kinder sangen gleich mehrere Lieder. Es fiel auch auf, dass sie beim Beten des «Unser Vater» sehr sattelfest schienen.

Verabschiedung Christine Walser-Wullschleger

Christine Walser sei insgesamt während 40 Jahren in unterschiedlichen Funktionen in der Kirchgemeinde unterwegs gewesen, darunter 14 Jahre als Religionslehrerin, berichtete Kivo-Präsident Hans Peter Hug in seiner kurzen Würdigungsrede. Er verabschiedete die engagierte Frau mit einem hübschen Blumenstrauss und herzlichen Worten. Auch die Gemeinde spendete herzlichen Applaus.

Gemeinsames Mittagessen

Der Grill war bereits vorgeheizt worden. Kurt Pauli und Kirchenvorsteher Roland Bischof schwitzten zünftig beim Würstebraten. Speditiv wurden die grillierten Würste verteilt. Hans Peter Hug und Jugendarbeiterin Seraina Marmet sorgten für das kühle Nass. Besucherinnen und Besucher verteilten sich an den schattigen Tischen, genossen Wurst und Brot und tauschten sich über dies und das aus. Auch an etwas Süsses war gedacht worden. Walter und Rösli Strub, Mesmer-Stellvertreter, hatten im Hintergrund bereits dafür gesorgt, dass alles parat stand.

Nach dem Gottesdienst bot die Jungschi ein Kinderprogramm an. Wer sich die Homepage der Organisation näher anschaut, freut sich über die vielen jungen Menschen, die Kindern emotionale Erlebnisse anbieten, sie mit spannenden Aktivitäten aus dem Haus locken. Sie widmen den Kindern damit einen grossen Teil ihrer Freizeit. Die Bilder vom AULA – Auffahrtslager – der Jungschi zeigen auch eine grosse Verbundenheit zwischen Leiterteam und den einzelnen Stufen. Man sieht viele lachende Gesichter…