Schwieriger Immeneinfang (Imme = Biene)

31. Januar 2019 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

Letzte Woche stieg ich wieder einmal vom Hebrig her das Bommesweidli abwärts. Beim Rotbachbrücklein kam mir ein junger Mann mit einer metallenen Auszugsleiter entgegen. „Was will der nur mit dieser langen Leiter, da es doch in der Gemeinde keine hohen Bauten hat?“, fragte ich mich, dann den Mann selber. Der deutete mit einer Hand auf die hohen Erlenstauden am Bachrand. Ich musste aus mehreren Blickwinkeln hinaufschauen, bis ich in etwa vier Metern Höhe im dichten Geäst und Laufwerk einen schwarzen Zapfen entdeckte. Ein Bienenschwarm hatte sich dort festgesetzt.

„Dieser da gibt keine Probleme auf, aber der viel grössere Schwarm zuoberst auf jener Staude ist nicht so leicht herunterzuholen“, meinte der Mann. Ein Gehilfe kam nun mit den Fangkästen dazu. Die Leiter konnte direkt angelehnt werden, und in zehn Minuten war der Schwarm im Kasten. Es mussten aber zuerst im Umkreis viele Zweige entfernt werden, und der Rest des Schwarms wurde samt den Zweigen in den darüber gestülpten Kasten geschnitten. Nach dem Einfang wurde der Kasten mit dem Deckel verschlossen. Für die vielen noch herumschwirrenden Bienen war über dem Kastenboden ein schmaler Schlitz vorhanden, und in kurzer Zeit hatten fast alle dank des Eigengeruchs des Volkes den Eingang gefunden.

Nun kam der zweite, viel schwierigere Akt. Der zweite Schwarm, der als mächtiger Zapfen an den obersten Zweigen in ca. 6 Metern Höhe hing, war nicht so leicht zu erreichen.

Erlenstauden sind sehr biegsam, deshalb musste zuerst die fast ausgezogene Leiter gut gesichert werden. Die betreffende Staude neigte etwas gegen das steinige Bachbett und wäre unter dem Gewicht des Imkers abgekippt. Die Leiter wurde nun zwischen mehreren Stauden auf halber Höhe mit Stricken verspannt.

Der Aufstieg machte dem sehnigen Mann nicht sehr zu schaffen, dafür das Ablösen des Schwarmes. Es hatte mittlerweile ein scharfer Ostwind eingesetzt, und es war kein Leichtes, in dem schwankenden Geäst einhändig zu arbeiten. Der Bieneneinfänger musste über die Leiterspitze hinausgreifen, um den Schwarm abheben zu können. Das glückte ihm jedoch dank der guten Sicherung und der ruhigen Hand.

Allerdings musste ein wenig Pech auch noch sein, denn als der Schwarm im Kasten war, entglitt dem Mann der Deckel und landete im Bach. Es ging aber zu lange, bis der Gehilfe mit diesem wieder zur Stelle war, und so wurde der Schwarm mit weichen Zweigen abgedeckt. Nun konn­te der Mann endlich wieder absteigen, umschwirrt von einer Wolke summender Bienen.

Nachdem der Deckel platziert worden war, beruhigte sich das Ganze, hatten auch noch die Letzten das Einschlupfloch gefunden. Der erste Schwarm wog etwa 1 ½ kg, der zweite dagegen fast 3 kg.

Mai 1990