Sturmtief Benjamin spuckte der Oberuzwiler Chilbi in die Suppe

Sturmtief Benjamin spuckte der Oberuzwiler Chilbi in die Suppe

6. November 2025 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

Garstiger hätte das Wetter kaum sein können, als die diesjährige Oberuzwiler Chilbi eröffnete. Wer durch die Marktstrassen spazierte, dick eingepackt und mit einem soliden Schirm versehen, hatte überall mehr als nur genügend Platz. Kein Gedränge, kaum Menschen. Dabei gab es auch dieses Jahr viel zu entdecken.

Einflussfaktor Regen

Bei den Marktständen war es von Vorteil, wenn man sich ganz unter das Dach stellte. Denn unverhofft konnte ein Schwall Wasser von oben her auf Vorbeigehende herunterstürzen. Doch die Leute hinter den Ständen nahmen das missliche Wetter achselzuckend zur Kenntnis. Gegen die Macht der Natur hat der Mensch noch immer das Nachsehen. Beim Stand der Metzgerei Willi warteten am Samstag wunderbar grillierte Bratwürste auf Kaufwillige, doch weit und breit war kaum Kundschaft zu sehen. Im Zelt hinter dem Gasthaus Oxä lud der Gewerbeverein zum traditionellen «Gwerbler-Apéro» ein. Hier war das Zelt sehr gut gefüllt, der Lärmpegel eher hoch.

Glücklicherweise änderte sich das Wetter am Sonntag. Während des ökumenischen Gottesdienstes im grossen Chilbizelt drückte plötzlich die Sonne durch die Zeltwände. Und ebenso plötzlich waren die Strassen voller Leute. Und so kam bald richtiges Chilbi-Fieber auf.

Verkaufsangebot

Es schien, als wären diesmal etwas weniger Verkaufsstände vor Ort. Aufgefallen sind jedoch Stände mit Plüschtieren, die gleich mehrfach zu sehen waren. Die Faszination für diese pelzig anmutenden Stofftierchen schein jedenfalls ungebrochen. Und wie immer hatten manche Eltern ihre liebe Mühe, ihrem Nachwuchs klarzumachen, dass jetzt Schluss mit Geldausgeben sei. Vermutlich war das eigene Chilbi-Geld einfach zu schnell in irgendwelchen Kanälen versickert. Auch hübsche Handtaschen waren zu haben, Schmuck aller Art. Der Frauenverein Oberuzwil verkaufte wieder die beliebten Apfelschnitzli. War der Samstagverkauf noch harzig verlaufen, so brummte das Geschäft am Sonntag derart, dass schon am frühen Nachmittag alles ausverkauft war. Und vor der Post stand Astrid Rickenbacher mit den Produkten von «Brücke – Le Pont», genau wie ihr Vater Josef früher.

Verpflegung grossgeschrieben

Wer sich verpflegen wollte, hatte an jeder Ecke dazu Gelegenheit. Beim Stand der Jungschi konnte man beispielsweise Crêpes bestellen. Das Familienzentrum Oberuzwil stellte sich vor. Eine Frau bot Wildgerichte aus eigener Jagd an. Und im Chilbizelt kochte das Wolfgang-Team, den Service besorgten einsatzfreudige Frauen aus dem Umfeld des Frauenvereins Oberuzwil. Wer dagegen ein wärmendes Raclette vorzog, kam im Feuerwehrdepot auf seine Kosten. Und für die meisten Chilbi-Fans gehören Marroni, ein feines Magenbrot, gebrannte Mandeln oder andere Schleckwaren zum festen Programm. Was gibt es Schöneres, als mit kalten Fingern heisse Marroni aus der Papiertüte herauszuklauben?

Attraktionen für die Kinder

Die Jungschi hatte eine Art Kletterturm aus starken, aber doch schlanken Baumstämmen aufgebaut, mit satt angezogenen Stricken sicher verbunden. Am Sonntag kletterten verschiedene Kinder darauf herum. Man konnte dabei verschiedene Techniken beobachten. Leute aus dem Ludothek-Team standen vor der Alten Gerbi, am Samstag zwar frierend, aber dennoch Präsenz zeigend. Spielen gehört schliesslich zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Der Männerchor Frohsinn hatte sich auch dieses Jahr ein Geschicklichkeitsspiel ausgedacht. Es galt, das Einfüllloch eines ausrangierten Tumblers mit einem Ball per Fuss zu treffen.

Luna-Park

Unter einem Luna-Park stellt man sich eigentlich etwas Grösseres vor, ein Riesenrad etwa oder eine rasant fahrende Achterbahn und viele, viele andere Attraktionen. Ursprünglich stammt der Name aus den USA, dort wurde 1903 auf Coney Island ein riesiger Vergnügungspark eröffnet. Doch Oberuzwil handelt gerne nach dem Slogan «klein, aber fein».

Die «Reitschule» zeigte diesmal ein flirrendes Lichtermeer rund um schicke Autos und Flugobjekte, von denen stolze Buben oder auch Mädchen herabwinkten. Neben dem Karussell standen im Lärm der Anlagen die dazugehörigen Eltern oder Grosseltern und winkten zurück.

Teenies – früher hiessen diese Backfische und/oder Halbstarke – zog es dann schon eher zu den Autoscootern hin. Einmal selbst am Steuer sitzen – wenn da nur die anderen Verkehrsteilnehmer nicht wären, die es auf einen Zusammenstoss abgesehen haben – oder umgekehrt warten, bis ein heimlicher Verehrer das eigene Auto rammt… Seit Jahrzehnten wird diese Art Bahn von Jugendlichen und junggebliebenen Eltern geliebt.

Halbschueh

Sagte man früher von jemandem, er oder sie sei ein «Halbschueh», war dies keineswegs freundlich gemeint. Man meinte damit einen Blödling oder gar einen Idioten. Doch offenbar hat sich der Sinn dieses Wortes gewandelt, hat eine neue Bedeutung gewonnen. Da hatte der Oberuzwiler Timo Lenz für seine Vertiefungsarbeit als Schreiner doch die geniale Idee, einen Fasnachtswagen zu planen und natürlich auch auszuführen, mit dem man dann an verschiedene Fasnachtsveranstaltungen fahren könne. Die «Jungfernfahrt» unternahmen ein paar Freunde mit dem imposanten Gefährt letztes Jahr an die Bichwiler Chilbi. Prominent steht auf der Frontseite: HALBSCHUEH. Diesmal stand es vor dem Ärztezentrum, als Barwagen eingerichtet.

Im Wageninnern stehen unzählige verschiedenfarbige Flaschen mit alkoholischem Inhalt, was die Frage nach dem Wirtepatent aufwarf. An der Oberuzwiler Chilbi hat das Chilbi-Komitee ein Patent, welches es «untervermieten» kann. Man konnte allerdings auch alkoholfreien Punsch geniessen. Die Halbschueh-Gründer haben unterdessen einen Verein gegründet, denn noch muss das Gefährt fertig abbezahlt werden. Aktuell stehen 29 Mitglieder auf der Vereinsliste, alles Geschwister, Cousins, Cousinen oder gute Freunde. Die FDP Oberuzwil mietete den Wagen für zwei Stunden am Samstagnachmittag und schenkte Interessierten am Stand ein Wunschgetränk aus. Nach der Fasnachtssaison wird dann alles Trinkbare versorgt und im Herbst erneut eingeräumt.

Der Wagen hat beeindruckende Masse: 2,50 x 6 m in der Ausdehnung, der Innenraum 2,20 m hoch, dazu die Höhe der Räder unter dem Wagen. Timo Lenz hat verschiedene Holzarten verarbeitet, bestimmt unzählige Stunden dran gewerkt, geschliffen und nachgemessen. Die Berufsschule belohnte diese riesige Arbeit verdientermassen mit der Note 6. Dies zeigt, dass auch heute junge Leute ausserordentliche Anstrengungen in Kauf nehmen, wenn sie ein Ziel erreichen wollen.

Verschiedene musikalische Formationen haben an der Chilbi Oberuzwil ebenfalls Tradition. Uzwil 24 hat dazu eine Auflistung gemacht.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt

An der Chilbi sitzt man auch zusammen. Wenn es draussen zu kalt, zu nass oder zu windig ist, gibt es ganz verschiedene Möglichkeiten, sich in – allerdings fast ausnahmslos provisorischen – Innenräumen zu treffen. Man sitzt beieinander, plaudert, isst und trinkt etwas und vergisst für einen Augenblick das Weltgeschehen. Das tut allen gut. Auch wenn der ursprüngliche Gedanke einer Chilbi mal die «Kirchweih» war, ein Einweihungsfest für eine Kirche, so hat sich am gesellschaftlichen «Nutzen» eines solchen Anlasses nichts geändert. Und dank dem ökumenischen Gottesdienst im Zelt ist auch der Gedanke der Kirchweih wieder näher gerückt.

Auf Uzwil 24 gibt es zur diesjährigen Chilbi ebenfalls einige aussagekräftige Bilder.